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13.06.2016

Trophies/Achievements

Ein Thema das gerne vernachlässigt wird. Einige betrifft es auch nicht, weil sie sich nicht damit beschäftigen wollen, andere extrem weil sie Achievementhunter sind und jedes Achievement, jedeTrophy für ein Spiel haben wollen um den Playerscore hoch zu hauen. Was auch mir erst kürzlich klar geworden ist, ist wie viel Einfluß Trophies auf das Spielverhalten haben können. Wieviel sorgfalt man also in die Entwicklung von Trophies stecken muss um die ursprüngliche Idee für ein Spiel beizubehalten.
Die Augen geöffnet hat mir Hohokum. Ein kleines künstlerisches Indie-Spiel mit dem viele (auch ich) zuerst nichts anfangen können. Kein Tutorial, keine Erklärung. Als erfahrener Spieler merkt man sofort es gibt Sachen zu entdecken und Puzzel zu bewältigen, nur was sind die Puzzel? Was genau triggert irgendeine Art von Progress in diesem Spiel? Kurz gesagt es ist ein sehr langsames, ruhiges Game in dem es darum geht Neues zu entdecken, neue Welten, seltsame Wesen, neue Spielmechaniken. Es ist ein Feierabend-Abschalt-Spiel. Man macht etwas aber es ist weniger fordernd als mehr ausprobieren und Glück haben. Wenn man sich die Trophies anguckt sieht man ein ähnliches Bild. Man soll bestimmte Sachen machen, die nicht schwer sind aber gefunden werden müssen. Es gibt auch keine Erklärung in der Trophy Liste sondern nur Secret Trophies. Ausprobieren ist hier das Motto. Ab und zu mal ein kleines Geschicklichkeitsspiel und das obligatorische durchspielen des Games. Ja es gibt ein Ziel und somit ein Ende in Hohokum. Eine Trophy fällt allerdings vollkommen raus: "Beende das Spiel in unter 60 Minuten".
Ein Speedrun? Nur zur Erklärung nochmal: auch wenn man alles schon einmal getan hat in Hohokum, die Anforderungen um die Level abzuschließen sind oft so aufwändig, dass ein Speedrun schier unmöglich scheint. Wie schwer es ist zeigt auch die Prozentzahl derer, die Hohokum gespielt und diese Trophy geholt haben: 0,1%! Weshalb genau bin ich aber so zwiegespalten was diese Trophy angeht? Schwere Trophies gibt es genug, das alleine wird es nicht sein. Der Punkt ist dieser: Ein Speedrun setzt eine ganz andere herangehensweise an das Spiel voraus. Normalerweise würde man davon ausgehen, dass Leute die Speedruns machen kein langsames exploration game spielen und dass Leute die ein langsames exploration game spielen keine Speedruns machen. Warum? Das liegt an der kompletten Gegensätzlichkeit der zwei Spielarten. Nun gibt es aber die 0,1% und durchaus den ein oder anderen Kommentar, dass der Speedrun das beste an dem Spiel war. Klar, es gibt immer Menschen die gerne Spiele ausprobieren, egal welchem Genre man sie zuordnen würde (ich mag es von mir zu denken ich gehöre ebenfalls zu dieser Gruppe) - und es gibt die Trophyhunter. Der Rest hat eventuell nie herausgefunden dass es diese Trophy gibt, es nicht geschafft oder keine Lust darauf gehabt. Wie sinnvoll ist es also eine solche Trophy in ein Spiel einzubauen? Das Gefühl der Errungenschaft wird größer je seltener die Trophy ist, aber entschädigt das für all die Spieler die verzweifeln und enttäuscht zurückbleiben, weil wieder ein Spiel nicht zu 100% schaffbar scheint? Oder war es der Drang dem Spiel eine weitere Spielart, eine weitere Ebene zu geben? Die Entscheidung der Entwickler, eine solche Trophy für dieses Spiel zu machen, ist definitiv eine sehr Interessante.
Nach dieser Erkenntnis habe ich mir andere Spiele und deren Trophies mal genauer angesehen. Aus dem normalen "Egal. Gibt ne Trophy" wurde ein "Was wollen die Entwickler eigentlich genau, dass ich hier tue". Wie zum Beispiel Dragon Age Inquisition. Hier gibt es die typischen Trophies für abgeschlossene Kapitel und das Durchspielen. Trophies die einfach zu bekommen und nicht zu verpassen sind. Die Einstiegsdroge für angehende Trophyhunter und eine kleine nettgemeinte Belohnung dafür dass man dieses Spiel spielt. Dann gibt es Fleißbelohnungen, für die man eine bestimmte Anzahl von Quests abschließen oder eine bestimmte Anzahl von Dingen einsammeln muss. In so ziemlich jedem Spiel mit Open World - Elementen sind solche Trophies zu finden, die den Spieler dafür belohnen, dass er die Spielwelt bereist und mit der Welt interagiert und zwar über einen längeren Zeitraum hinweg. Hier schwingt der Wunsch mit, dem Spieler alles zu zeigen, alles erkunden zu lassen was der Leveldesigner in mühevoller Arbeit mit viel Liebe zum Detail zusammengeschustert hat. Weiterhin gibt es Trophies für die der Spieler mit den Personen der Welt interagieren muss. Er wird dazu angehalten sich mit der Story des Spiels und der Charaktere auseinanderzusetzen und die Entscheidungsfreiheit des Rollenspiels zu geniessen und zu benutzen. Zu guter letzt gibt es noch die Trophies die den Spieler dazu anhalten das Spiel auch auf höheren Schwierigkeitsgraden durchzuspielen um ein Replay-value zu schaffen. Außerdem muss der Spieler sich hierfür intensiv mit den Fähigkeiten, der Kampfmechanik, den Waffen und Rüstungen und deren Boni etc auseinandersetzen. Wer solche Trophies schafft und damit die Platin-Trophy freischaltet für das Spiel (aka alle Trophies bekommen hat) der hat ein extrem befriedigendes Gefühl davon, etwas geschafft zu haben. Etwas komplett zu haben.
Gut zu erkennen an dem Beispiel von Dragon Age Inquisition ist, wozu man als Entwickler Trophies einsetzen kann. Mit den Trophies wird das komplette Spiel abgedeckt. Der Spieler beschäftigt sich mit der Story, den Personen, der Welt, der Mechanik und ist lange mit dem Spiel beschäftigt, auch über das erste Durchspielen hinaus. Die Schwierigkeit hier liegt allein darin, wie gut das Spiel es schafft den Spieler dann tatsächlich auch zu fesseln. Sind die Personen und Dialoge öde möchte sich keiner damit beschäftigen, ist die Welt zu eintönig ist es langweilig sie zu bereisen, sind die Quests zu ideenlos und immer gleich gestaltet wird es zur Arbeit diese zu erfüllen. Schafft man es also nicht den Inhalt zu bieten, sodass der Spieler Spaß hat sich lange mit dem Spiel zu beschäftigen, werden die Trophies eben diese Inhaltslosigkeit hervorheben und die Mühsal wird das sein, was dem Spieler im Gedächtnis bleibt - da ein Spieler selten nach den Trophies das Spiel erneut spielt um das Erlebnis noch einmal zu haben. Im Gegenteil werden die Trophies, die teilweise viel Zeit in Anspruch nehmen, meist das letzte sein was ein Spieler in diesem Spiel tut.
Als nächstes ein Spiel aus einem ganz anderen Genre, UFC. Ein Sportspiel, dass die Ultimate Fighting Championship, eine Mixed Martial Arts Weltmeisterschaft simuliert. Die Trophies kann man in ähnliche Kategorien unterteilen wie bei dem RPG Dragon Age. Das mag einen erstaunen, macht aber Sinn, wenn man bedenkt weswegen die Entwickler sich für diese Trophies entschieden haben. Es gibt verschiedene Spielmodi, in denen man sich mit NPCs messen kann und einen großen Anteil an Online-Features. Ebenso gibt es Trophies die wie eine Art Beweis sind, dass man sich mit diesen Modi beschäftigt hat. Für jeden Modus gibt es eine Trophy. Hier wird der Spieler dafür belohnt sich mit dem Spiel zu beschäftigen, sich alles anzugucken.Diese Trophies sind vergleichbar mit denen von Dragon Age, für die man sich der Welt, Personen und Story widmen muss. Daneben gibt es Trophies für die man sich intensiv mit der Mechanik auseinandersetzen muss um bestimmte Tastenkombinationen unter bestimmten Bedingungen ausführen zu können, und ähnliche Trophies für die man die Mechanik beherrschen muss um einen bestimmten Rang zu ergattern oder die komplette Championship zu gewinnen. Das ähnelt den Schwierigkeitsstufen bei Dragon Age. Die letzte Kategorie ist der Replay-Value. Stark vertreten durch verschiedene Arten wie man die Championship gewinnen oder eine Karriere beenden soll. Das sind Trophies die man auf keinen Fall mit einem einzigen Durchspielen erreichen kann.
Man sieht also, es ist meistens nicht Genre abhängig, was für Trophies es gibt. Es werden möglichst viele Bereiche des Spiels abgedeckt (Welt, Story, Mechanik etc.), ein Replay-Value geschaffen und dafür gesorgt, dass es eine Anzahl an Trophies gibt die man leicht bekommt oder überhaupt erst garnicht verpassen kann und eine Anzahl an Trophies, die etwas schwerer zu bekommen sind und mehr Engagement fordern, dafür aber auch wirklich ein Gefühl von Achievement mit sich bringen.

Zurück zu Hohokum. Hier wird zwar auch einiges Abgedeckt, aber ohne das Wissen des Spielers. Der Spieler muss es erst machen um zu wissen, dass es eine Trophy dafür gibt (oder sich im Internet informieren). Hier kommt der zweite Zweck von Trophies ins Spiel. Trophies sind nicht nur dafür da, einem das Spiel näher zu bringen und den Spieler eine Zeit lang zu beschäftigen. Der zweite Zweck, den ich auch am Anfang schon angesprochen habe ist die Idee des Spiels beizubehalten und zu unterstreichen. Eine Trophy kann nicht nur eine von den beiden Zwecken erfüllen sondern durchaus auch beide gleichzeitig. Hohokum ist ein Spiel zum entdecken. Genauso entdeckt man auch die Bedingung für die Trophies sobald man die Trophy bekommt. Gleichzeitig ist man aufgefordert sich mit dem Spiel zu beschäftigen um herauszufinden, wie man die Trophies bekommt. Die Trophies von Dragon Age tragen in sofern zu der Idee des Spiels bei, alsdass sie einen dazu auffordern die Quests zu machen und dadurch Punkte zu erhalten, die man für das Spiel braucht. Man macht genau das, was von der Story her von dem Hauptcharakter erwartet wird, also ist alles konform mit der Story und dem Gameplay. Man macht es nur ein wenig exzessiver als für die Story benötigt, was aber auch der großen offenen Welt des Spiels geschuldet ist und diese auch wunderbar unterstützt. Bei UFC wird der Gedanke des Meisterns eines Kampfstiles und des Wettkampfes unterstützt durch die vielen Trophies, die das Meistern der Controls voraussetzten und das gewinnen von Wettkämpfen gegen NPCs oder online gegen reale Personen fördern.
Erfüllen die Trophies nur diese Zwei Zwecke? Nein. Da Spiele zwar ein paar Bedingungen erfüllen sollten um als Spiel zu gelten, sonst aber genau wie andere kreative Erzeugnisse Raum geben zum Erfinden und neu Kombinieren, gibt es durchaus auch Spiele, deren Trophies auch noch andere Zwecke erfüllen.
Nehmen wir ein weiteres interessantes Beispiel: FEZ. Und eine kleine SPOILER Warnung. Wer nicht gespoilt werden will bitte nach diesem Satz den restlichen Abschnitt überspringen! Also: Es gibt eine Trophy in deren Beschreibung die Anweisung enthalten ist, wie man diese Trophy bekommt. Also mehr noch als sonst. Es steht wirklich eins zu eins der Code geschrieben, den man mit dem Controller eingeben muss. Woher die Entscheidung so eine Trophy einzubringen? Abgesehen davon, dass es ziemlich witzig und überraschend ist sobald man gemerkt hat wie die Trophy funktioniert, gehe ich davon aus, dass es eine Hilfestellung ist. FEZ hat einige relativ schwere Rätsel. Es gibt eine eigene Geheimsprache bzw Sprache der Bewohner der Spielwelt komplett mit Alphabet und Zahlensystem. Und man braucht ein Verständnis dieser Sprache um eine Vielzahl der Rätsel zu lösen. Darüber hinaus gibt es verkappte Codes, wie den der Trophy nur anders geschrieben. Es ist daher sehr hilfreich mit dieser Trophy darauf aufmerksam gemacht zu werden wie man zumindest ein paar der Rätsel lösen kann. Warum als Trophy? Weil ein Durchspielen möglich ist ohne all diese Rätsel zu lösen. Einzig wenn man die Trophies haben möchte, bzw das Spiel zu 100 Prozent komplettieren möchte, braucht man dieses Wissen. Wer die Trophies haben möchte guckt spätestens nach dem ersten Durchspielen in die Trophyliste und wird auf den Text mit dem Code stoßen. Deshalb als Trophy. Ein erster Hinweis zu einer weiteren Ebene des Spiels.
Hier wird also die Trophy zu einem ganz anderen Zweck verwendet. Aber nicht nur. Nebenbei sind immernoch der Zweck des Beschäftigens mit dem Spiel und des Unterstreichens der Idee gültig. Hint: FEZ ist ein Spiel in dem es neben dem Einsammeln von Blocks auch um Rätsel lösen geht und darum, diese als solche zu entdecken. Ähnlich dem erstgenannten Hohokum.
Was sind nun also "schlechte" Trophies? Man stelle sich vor in Dragon Age bekäme man eine Trophy, wenn man fünf Bären von einer Klippe stürzt. Eine Trophy die sehr auf einen recht brutalen Humor setzen würde. Es erfüllt keinen Zweck für das Spiel, da es kein spezielles Feature ist Bären von Klippen zu stürzen, es bringt keine Punkte und ist kein Teil der Story. Es würde auch nicht zu der Idee und Atmosphäre dieses zwar Fantasy-lastigen aber eher ernsten Spiels passen. Es wäre absolut random. Je nach der Intention der Entwickler wäre es trotzdem möglich eine solche Trophy einzubauen, aber es wäre eine Trophy die einen ins Grübeln bringen würde. Wäre das hilfreich um die Spieler weiter mit dem Spiel zu beschäftigen? Auf eine sehr seltsame Art und Weise ja. Vielleicht akzeptabel, wenn die Trophy nicht allzu schwer wäre und nur eine Unpassende zwischen all den anderen zum Spiel passenden Trophies. Aber dem Spiel nicht hilfreich und für den Spieler unpassend. Generell würde ich es eher unter "die Entwickler brauchten unbedingt noch eine Trophy" packen.
Um zu einem Ende zu kommen: Trophies und Achievements sind ein Thema, dass meiner Meinung nach in all den wissenschaftlichen Texten und Artikeln professioneller Designer zu kurz kommt. Es ist ein Thema über dass es sich lohnt sich ein wenig Gedanken zu machen, statt einfach nach gutdünken irgendwelche Aufgaben damit zu schaffen, die den Spieler im schlimmsten Fall nerven, ärgern oder verwirren. Ich habe in diesem Artikel bei weitem nicht alle möglichen Verwendungszwecke von Trophies abgedeckt. Ich denke auch die Möglichkeiten sind in den Spielen selber noch nicht voll ausgeschöpft worden. Aber eines ist zum Glück immer der Fall: Egal wie langwierig oder spaßig der Weg zu einer Trophy ist, sobald das Geräusch einer unlockten Trophy ertönt schlägt das Herz eines Trophyhunters höher und die Belohnung ist geglückt.

Autor: Laura Dürhager




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